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Überflüssige Strapaze: Student musste sich innerhalb von zwei Monaten fünf ärztlichen Untersuchungen unterziehen.

Das sind die letzten Stichwunden. Diese wiederholten Untersuchungen sind eine wahre Qual. Und dazu noch die hohen Kosten“ sagt der brillante Student mit resignierter Stimme. Nach jedem der fünf Vorstellungsgespräche bekam Zhang Taoling die gleiche Antwort: „Gehen Sie erstmal zur ärztlichen Untersuchung. Dann machen wir Ihnen ein Angebot.“ Routineblutuntersuchung, EKG, Röntgenaufnahmen, Urinproben, innere Medizin, äussere Medizin… diese Kontrollen kennt er nun in- und auswendig. Nach fünf fast identischen Tests kommt er sich selbst beinah so vor wie ein Arzt der im Labor solche Untersuchungen durchführt.

Eine Umfrage auf Chinas berühmter online Jobbörse Tongcheng QQ ergab, dass von 148 Gesundheitschecks 92 Untersuchungen Studiumabsolventen und 56 Werktätige betrafen. 85 getestete Personen und davon 71 Studenten gaben an, sich während ihrer Arbeitssuche schon mehrmals einer Untersuchung unterzogen zu haben. Eine Internetnutzerin schrieb, dass einer ihrer Kommilitonen im Laufe eines halben Jahres schon sieben Mal diese Prozedur über sich hatte ergehen lassen, was von einem Studienkollegen mit einem Schmunzeln und dem lapidaren Satz, alles habe nun mal seinen Preis, kommentiert wurde.

Wie jedes Jahr im Frühling ist der Arbeitsmarkt im Aufbruch. Studenten, die wie Zhang Tao innerhalb kurzer Zeit vier bis fünf Mal zu ärztlichen Untersuchungen mussten, um Arbeitsangebote entgegenzunehmen, sind keine Ausnahme. Daher der Aufruhr von Spezialisten, die fordern, dass es bei einer Untersuchung bleibt und dass eine einzige vorschriftsmäßige ärztliche Kontrolle für viele Firmen ausreicht. „Eine überhöhte Dosis an Röntgenstrahlen kann schädlich sein und die Abwehrkräfte schwächen. Sie sei besonders gefährlich für Augen, Schilddrüse sowie andere hochsensible Körperteile und könne zu Lungenkrebs oder Leukämie führen“ mahnt der Radiologe eines großen Pekinger Krankenhauses der dringend davon abrät, sich innerhalb von sechs Monaten mehrmals röntgen zu lassen.

Für Studenten sind ausserdem diese wiederholten ärztlichen Untersuchungen sehr kostenaufwändig. Li Liang, Dr. der Ökonomie, erklärte, dass er innerhalb von zwei Monaten fünf Gesundheitschecks über sich ergehen lassen mußte: Einmal als Absolvent und jeweils einmal in vier verschiedenen Abteilungen. Vom Staatsunternehmen abgesehen, hat er die Kosten der anderen Untersuchungen in den vier Abteilungen selbst tragen müssen. „Hoch sei der finanzielle Aufwand. Im Durchschnitt lägen die Kosten bei ungefähr 300 Yuan“. Li Liang, der uns die Rechnungen vorlegt, hat was ihn betrifft schon über 1000 Yuan ausgegeben.

Was spricht gegen einen einfachen allgemeingültigen ärztlichen Untersuchungsbericht?

Soweit bekannt ist, hat das Gesundheitsministerium die „einzuhaltenden Hygieneregeln bei der Röntgendiagnose und die Qualitätsnormen der Bilder“ festgelegt und bekannt gemacht. Laut dieser Verordnung müssen bei Babys, Kleinkindern und Beschäftigten mindestens zwei Jahre zwischen zwei Röntgenuntersuchungen liegen.

„Die Maßstäbe für eine Einstellung sind aber von Branche zu Branche verschieden, ebenso die Schwerpunkte der Untersuchung in den Abteilungen“ erklärt uns der prominente Personalleiter eines multinationalen Autoherstellers. Für die Personalabteilung, die über Einstellungen entscheidet, stellt sich auch die Frage der Authentizität eines einheitlich ärztlichen Berichts. Sie würde sich nur ungern  mit einem schon bestehenden Gesundheitsnachweis begnügen, denn was wäre wenn es sich dabei um eine Fälschung handelte?

Was unter medizinischer Grunduntersuchung verstanden wird, ist zur Zeit in Beijing von Krankenhaus zu Krankenhaus verschieden und hängt von den speziellen Anforderungen eines Arbeitsbereichs ab. Wer sich untersuchen lässt , muss sich immer noch damit abfinden, dass das Attest ihm nicht ausgehändigt, sondern direkt an die betreffende Arbeitsstelle geschickt wird.

„Bei einem Arztbesuch im Krankenhaus sind heutzutage viele ärztliche Gutachten allgemeingültig. Warum sieht es mit den Gesundheitschecks anders aus?“ Professor Lin Jia, Leiter des Instituts für Arbeits- und Sozialversicherungsrecht der chinesischen Volksuniversität von Beijing schlägt deshalb vor, dass sehr bald ein allgemeines System zur Übernahme von Untersuchungsergebnissen ins Leben gerufen wird. So ließe sich vermeiden, dass die an Studiumabsolventen, Bewerbern und Quereinsteigern durchgeführten ärztlichen Kontrollen sich nicht überschneiden.

Allmählich hat bei einigen Personalabteilungen auch ein Umdenken eingesetzt. So hat Wang Ping nach seinem Studium der Medienwissenschaften bei einer Bewerbung das Attest einreichen können, das er schon hatte. „Ich habe die Firma gefragt, ob das ein Monat zuvor erstellte Attest ausreichen würde, da alle vorgeschriebenen Grunduntersuchungen und die Anforderungen identisch seien und nicht mehr als ein Monat seit der letzten Untersuchung vergangen sei. Der Arbeitgeber hat es akzeptiert“.

Einige Provinzen haben schon Maßnahmen ergriffen, um unnötige ärztliche Untersuchungen zu verhindern. Seit 2011 reicht Bewerbern aus Shenzhen, Dong Guan und weiteren Städten der Provinz Guangdong ein einziges Attest von einer zuständigen medizinischen Einrichtung, sofern die letzte Untersuchung nicht über ein Jahr zurückliegt.