Wenn alle ausgeflogen sind – Das Problem der Alterseinsamkeit in China

DSCN1552Man nennt sie die „Senioren im leeren Nest“. Durch die Alterung der Gesellschaft und die Mobilität der jungen Menschen wird das Problem der Vereinsamung im Alter immer brisanter. Wie das „Handelsblatt von Anhui“ 安徽商报 kürzlich berichtete, lebte Herr Wang in Bengbu. Mit ihren 3,5 Mio. Einwohnern ist sie die drittgrößte Stadt der Provinz Anhui. Der Lehrer im Ruhestand war in diesem Jahr sechzig Jahre alt geworden. Seine beiden Töchter, die er alleine großgezogen hatte, da seine Frau sich schon früh von ihm hatte scheiden, hatten geheiratet. „Er hatte wenig Kontakte und war etwas wortkarg“ erinnert sich Lehrer Ma, der über zehn Jahre im selben Block unter ihm gewohnt hat. An jenem 21. November hatte dieser das Gefühl gehabt, dass etwas nicht stimmte. „Ich sah wie das Licht tagaus tagein anblieb und wunderte mich über das Hundegekläff“. Auch in dem Geschäft am Fuße des Wohnblocks, wo Herr Wang gewöhnlich für seine zehn Hunde Futter kaufte, hatte er sich nicht mehr blicken lassen. Herr Ma rief die Polizei an. Die Behörden entdeckten die Leiche des alten Mannes der wohl schon eine Woche tot in seiner Wohnung lag. Im Internet kursierte das Gerücht, wonach die hungernde Hundeschar die Leiche angefressen habe. Die Polizei nahm dazu nicht Stellung. Ein anderer Todesfall ereignete sich in Hunan. In Hetang, einem Stadtbezirk von Zhuzhou, sprang ein Achzigjähriger von seiner Wohnung im fünften Stock. Auch dieser Mann lebte allein. Zwei Jahre zuvor war sein Sohn wegen Drogenmisbrauch verurteilt worden. An jenem Tag starb seine Frau. Seine Tochter wohnte im Ausland. Sie rief ihn jedoch jeden Tag an. Wie die hunanesische Tageszeitung Sanxiangtoushibao 三湘都市报 berichtete, hatte der Mann einen Brief hinterlassen und darin den Wunsch geäussert, man möge seine Asche nicht aufbewahren. In einer anderen Provinz, in der 3,5 Mio. Einwohner Stadt Xiaxing im Norden von Zhejiang vergingen ca. zehn Tage bis man, wie das Onlineportal der Provinz 浙江在线 bekannt gab, die Leichen eines Ehepaares in ihrer Wohnung vorfand.

2013 gab die chinesische Akademie der Sozialwissenschaften einen Report heraus, worin zu lesen war, dass China 100 Mio. alleinstehender Menschen zählte und dass diese Zahl weiter ansteigen würde. Der Zustand dieser Menschen lässt Schlimmes befürchten. Eine auf 855 alleinstehende alte Menschen bezogene Untersuchung des Muslemischen Krankenhauses in Beijing ergab, dass 88,1% (753 Menschen) von ihnen an einer,  davon 31% (265) an zwei und 15% (128) an drei chronischen Krankheiten leiden. Mangelnde Anteilnahme ist oft schwerer zu ertragen als körperliche Leiden bemerkte der Leiter dieser Studie.